S21: Südflügelabsperrung und Polizeitaktik

Obwohl wir auch alle noch etwas durch den Wind sind, wollten wir zumindest eine kurze Nachricht zu gestern Nacht hier rein schreiben. Bitte entschuldigt eventuelle Schreib- und ähnliche Fehler. Einige von uns von Robin Wood waren gestern Nacht beim Protest vorm Südflügel mit dabei. Wiederrum andere haben Stellung in den Bäumen gehalten und mussten von weitem aus zuschauen.

Auch von uns ein ganz dickes Lob an Alle, die gestern Nacht vor dem Südflügel blockiert und protestiert haben!

Danke auch an Alle, die die Protestierenden unterstützt haben!

Wir durften zusammen gestern Nacht hautnah die neue Taktik der Polizei im Zusammenhang mit Widerstandsaktivitäten gegen Stuttgart 21 erleben. Nachdem die Protestierenden von der Polizei umgeben wurden, kam statt einer sofortigen Auflösung der Versammlung und Aufforderung zu gehen nur unzählige Male über mehrere Stunden immer wieder die Durchsage: „Sie können jederzeit den abgesperrten Bereich ungehindert verlassen. Bitte bewahren Sie Ruhe.“ Diese Durchsage wurde auch über Leuchtschriftwände projiziert und dann, in den frühen Morgenstunden, errichtete die Polizei sogar zwei riesige weiße Leuchtsäulen, worauf „AUSGANG“ zu lesen war. Solche Leuchtsäulen, wie man sie auf Open Air-Konzerten oder Volksfesten sehen kann… Als wären die Protestierenden alle zum Vergnügen da… Nun, durch diese wohl eher wenig einladende Schleuse konnte man die Blockade verlassen. Nach dem Verlassen der Blockade war eine Rückkehr selbstverständlich unmöglich und die Versorgung der Blockierenden durch die Aktivengruppe „die Versorger“ wurde durch die Polizei verwehrt. Uns kommt es wie eine Art „Kuscheltod“-Taktik vor, in der die Polizei allen „stets freundlich“ aber in voller Kampfausrüstung zuredet und einfach wartet (und wartet…), bis die Protestierenden irgendwann aus Zeitzwang die Blockade auf eigenem Fuß verlassen müssen, aus Hunger, Durst oder wegen der Kälte, um aufs Klo zu gehen (obwohl auch hier Danke an die Demosanitäter vor Ort, die eine notdürftige Kloeinrichtung innerhalb der Absperrung eingerichtet haben), um zur Arbeit zu gehen oder um wenigstens ein Paar Stunden Schlaf zu bekommen, bevor sie arbeiten gehen müssen. Die Einsatzplaner der Polizei in Stuttgart scheinen es endlich gelernt zu haben, sich Zeit zu lassen und keine „unschöne Bilder“ zu produzieren, wenn sie S21-Gegner_innen gegenüber treten. Das muss man ihnen vorerst schon lassen… Für uns folgt jedenfalls, dass wir uns als eine Bewegung miteinander beraten müssen, wie wir mit dieser Taktik in Zukunft umgehen sollen. Um Euch in der Sache Baumbesetzung ein wenig zu beruhigen: die Plattformen und das Baumhaus in unseren besetzten Bäumen sind mit ausreichend Proviant versorgt, sodass ein_e Aktivist_in mehrere Tage oben bleiben kann. Die psychische Kraft zum Durchhalten können wir aber leider nicht schön verpackt auf dem Baum lagern. Diese Kraft geben wir im Baum und ihr am Boden uns hoffentlich gegenseitig, sollte es zu einer Parkräumung kommen. Darüberhinaus sind besonders lagerfähige und vegane Proviantspenden für die Parkbesetzer_innen (sowohl im Baum als auch am Boden) sicherlich weiterhin hilfreich; besonders, sollte es zu einer ähnlichen Taktik bei der Räumung des Schlossgartens kommen, wie wir es nun am Südflügel erlebt haben. Wir hoffen, dass Ihr Euch schon ein wenig von der Nacht erholen konntet. Oben bleiben!

dirkseifert

6 Gedanken zu “S21: Südflügelabsperrung und Polizeitaktik

  1. Zu den Kuschel-Durchsagen der Polizei: Die waren so ohrenbetäubend laut, dass man sie bis ans Ende der Neckarstraße beim SWR vernehmen konnte. Das lässt auch für die geplanten Rammbockschläge so einiges erwarten…

    1. Das können wir nur bestätigen. Kilometerweiter waren die Durchsagen nicht nur noch zu hören, sondern auch teilweise auch noch zu verstehen…

  2. Leider konnte ich Euch nicht unterstützen, weil ich eine zu lange Anfahrt habe. Worin ich Euch jedoch bestärken möchte, ist Eure Einschätzung zur Polizeitaktik. Es ist unschön, von Wasserwerfern, Knüppeln und Pfefferspray bedroht zu werden. Deshalb kann man dieses Mal froh sein, dass es nicht zu Verletzungen kam. Allerdings kann ich – wie Ihr – überhaupt nicht ins Loblied einer „friedlichen Polizei“ einstimmen. Das, was jetzt passiert ist, ist viel subtiler als die rohe Gewalt, aber deswegen nicht weniger gefährlich. Optisch (Protektoren) und „kopfzahlmäßig“ betrachtet war es ein martialisches Auftreten. Außerdem waren die oben genannten Einsatzmittel durchaus im Hintergrund vorhanden. Die Polizei hätte also, wenn sie gewollt hätte, sie trotzdem einsetzen können – unsere Friedlichkeit hin oder her. Man hatte es nur aus politisch-taktischen Gründen (erst einmal) nicht getan. Zudem dürfen wir die eingeschränkte Pressefreiheit und die Container nicht vergessen. In der Tat muss in der Bewegung darüber gesprochen werden, wie wir mit einer solchen Vorgehensweise umgehen.

  3. Ihr Lieben – vielen Dank, dass ihr euch so sehr einsetzt – ich bin auch Veganerin – zu welchen Zeiten (allgemein) kann man euch denn eine Kleinigkeit vorbei bringen? Weiter so – OBEN BLEIBEN (im wahrsten Sinne des Wortes…)

    1. Hmm, wenn man sicher eine_r von uns am Boden treffen will, dann wäre kommender Samstag vor, während oder nach der Demo sicher eine gute Zeit. Allgemein gesagt, machen wir auch oft bei Demos und manchmal während Montagsdemos Infostände, wo dann auch sicher jemand am Boden ist, der_die Spenden entgegen nehmen könnte. Ansonsten ist immer mal wieder jemand unten, aber zu keinen regelmäßigen Zeiten.
      Vielen Dank Dir, „S21-Nein-Danke“, und euch allen!

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