37 Bäume fallen für den nicht planfestgestellten Fildertunnel

In einer erneuten nächtlichen Aktion ließ die Deutsche Bahn gestern ein martialisches Polizeiaufgebot aufrücken, um das Fällen von 37 Bäumen neben dem Wagenburgtunnel zu sichern. Diese nun gefällte und gehäckselte Bäume sind die jüngste Zeugen der Politik des „Fakten-Schaffens“ der Deutschen Bahn. Der Projektsprecher Wolfgang Dietrich verteidigt die Fällungen mit den Worten:

„Man muss Gas geben und Maßnahmen abarbeiten, die möglich sind.“

Aber nur weil etwas „möglich“ ist, heißt noch lange nicht, dass es nötig, rechtens oder sinnvoll ist! Es gab definitiv keine Eile, diese Bäume zu fällen, dennoch ist der Bauabschnitt, für den sie laut der Deutschen Bahn gefällt werden „mussten,“ den Fildertunnel-Abschnitt, nicht einmal planfestgestellt! Vielmehr gestaltet sich die technische Ausführung dieses Abschnitts als äußerst schwer und einige schwerwiegende Probleme bleiben bisher vollkommen ohne Lösung. Bericht der gestrigen Aktionen: Im Anschluß an der gestrigen Großdemonstration vor dem Hauptbahnhof zogen einige Demonstrant_innen richtung Wagenburgtunnel, besetzten dort die Kreuzung um auf die kommende Fällarbeiten aufmerksam zu machen und positionierten sich schützend um die Bäume. Ein Robin Wood Aktivist besetzte einen der größeren Bäume auf dem Gelände. Stundenlang harrten die Demonstrant_innen bei starkem Wind und kaltem Regen aus und als der Abend voranschritt, kamen immer mehr dazu. Am späten Abend umzäunte schließlich die Polizei das Areal; zu diesem Zeitpunkt befanden sich etwa 50 Demonstrant_innen innerhalb des eingezäunten Bereiches und einige Hunderte außerhalb der Absperrung. Nach und nach wurden mehrere Demonstrant_innen von dem Areal getragen oder hinausbegleitet. Als am Ende nur noch der Kletterer im Baum und den Polizeikontakt der Parkschützer am Boden waren, fuhren SEK-Beamten zusammen mit einem Unimog mit ausfahrbarem Kran auf das Gelände um den Robin Wood Aktivist aus dem Baumwipfel zu holen. Nach Feststellung der Personalien wurden alle wieder freigelassen. Um etwa halb eins waren die Baumfällungsmaschinen und einen Häcksler vor Ort und die Firma Döbler Rodungen GmbH fing mit den vorbereitenden Maßnahmen für die Fällungen an. Knapp eine halbe Stunde später und nachdem die ersten Bäume gefällt wurden, konnte eine kleine Gruppe von Demonstrant_innen durch die Polizeiabsperrung gelangen. Plötzlich herrschte Hektik unter den Polizeibeamten; offensichtlich hat jemand nicht genau aufgepasst. Jedenfalls konnten zwei Aktivisten auf die sogenannte Baumschere, eine befahrbare Rodungsmaschine, gelangen. Einer davon konnte knapp eine Stunde oben bleiben, bevor er in einem von der SEK riskanten Manöver vom Arm der Baumschere geholt wurde. Unseres Wissens nach rief die Polizei weder beim Feuerwehr an, um Rettungstücher anzufordern noch sorgten sie selber für die Sicherheit des Aktivisten, der ungesichert auf dem gebeugten, rutschigen Arm in gefährlicher Höhe saß. Auch dies verurteilen wir aufs Schärfste! Jedoch war das Verhalten der Polizei nicht nur in dem Fall alles andere als deeskalierend. Während die kleine Gruppe von Aktivist_innen zur Baumschere gerannt sind, eine Einheit der Polizei hinterher, sind weitere Einheiten zur Absperrung gerannt. Mehrere Beamten lieferten ein abscheuliches Bild ab, als sie lächelnd und freudig ihre Schlagstöcke zuckten und auf die Absperrung gerannt sind. Man könnte meinen, einige hätten sich sehr gerne ein Paar Demonstranten „verdroschen.“ Soviel zur polizeilichen Taktik der Deeskalation… Und das Anti-Konflikt-Team? Sie haben sich (schon wieder) in Null Komma Nix aus dem Staub gemacht, sobald ein Konflikt zwischen Polizei und Demonstrant_innen wirklich drohte. Nachdem der Baumschere-Besetzer heruntergeholt wurde, wurde er zusammen mit einigen Demonstrant_innen auf der Straße zur Personalienfeststellung mitgenommen. Dort konnten die Demonstrant_innen beobachten, wie die Beamten, viele sehr jung, sich über die Demonstrant_innen lustig gemacht haben. Vielmehr wurde es aber regelrecht unmenschlich als zwei Beamten mit einem Lächeln forderten, dass der komplett durchnässte und durchfrorene Baumschere-Besetzer aus dem Durchsuchungsgebäude und in die Kälte zum Warten gebracht werden sollte. Sie hätten das gerne gesehen und was anderes hätte er nicht verdient, sagten sie. Da braucht man sich als Polizist_in nicht wundern, wenn Demonstrant_innen vor ihnen keinen Respekt haben oder gar den Menschen hinter der Rolle Polizist_in nicht mehr erkennen können…

dirkseifert

9 Gedanken zu “37 Bäume fallen für den nicht planfestgestellten Fildertunnel

  1. also dann schaut mal bei radio utopie, da kann man sehen dass die polizei sehr wohl den mann gesichert hatte bevor sie ihn den hubsteiger hoben, auch der besetzter streckte die arm nach dem polizisten aus und nahm sie dankend an . also man sollte die sache nicht so populistisch schreiben , da werden bewußt halbwahrheiten vür den eigenen zweck eingestzt

  2. Lieber Herr Müller,

    wir schrieben von VORsorgungen für seine Sicherheit. Uns sind, auch *nach* dem Radio Utopie Bericht (hätte ja sein können, dass wir etwas nicht sehen konnten) nach wie vor keine Rettungstücher oder ähnliche Maßnahmen am Boden bekannt, die ein Ausrutschen des Aktivisten vor einem Aufprall und schwere Verletzungen hätten bewahren können. Das Anbringen von Rettungstüchern gehört aber gerade, z.B. bei Menschen, die drohen von Hochhäusern zu springen, zum Standardverfahren der Feuerwehr. Aber unseres Wissens nach wurde gerade Unterstützung durch die Feuerwehr nicht geholt. Hier haben wir einen Aktivisten, der hoch auf einem rutschigen Baumscheren-Arm ungesichert saß und sich sicher in ähnlicher Gefahr befand. Wir wiederholen, dass uns bis jetzt keine Maßnahmen der Polizei bekannt sind, die den Aktivisten hätten sichern sollen. Dass sie ihn irgendwann per Hubsteiger heruntergeholt haben ist ja klar und sicher auch teils zu seiner Sicherheit, teils zur Gewährleistung der weiteren Baumfällungen passiert, hat aber nichts mit einer zwischenzeitlichen Sicherung vor dem Herunterfallen zu tun.

  3. Danke für den Bericht und den Einblick nach der Festnahme.

    Polizisten haben nicht zu entscheiden, was jemand verdient. Aber sie hätten die moralische Verpflichtung, sich kritisch zu informieren, um was es geht. Um was es wirklich geht. Sich zu willigen Helfershelfern machen zu lassen und obendrein noch solche Sätze von sich zu geben, ist armselig.

  4. Schade das kritische Kommentare hier nicht zugelassen sind.
    Es gibt auch Leute die anderer Meinung sind.
    „Oben bleiben“ nur die Schreihälse, unten sind die Leute die arbeiten und das Geld für die netten Demonstranten verdienen gehen.

  5. Hallo Tom,

    kritische Kommentare schalten wir sehr wohl frei (siehe z.B. das Kommentar von „müller“). Allerdings schalten wir *keine* persönlich attackierende Kommentare, oder Kommentare, die die Regeln des Netiquettes nicht entsprechen, frei. Weder von S21-Gegner_innen, noch von Befürwörter_innen.

    Zu Ihrer schon grenzwertigem Kommentar über „Schreihälse,“ die nicht arbeiten würden. Da können wir nur sagen, wenn Sie sich mit S21-Gegner_innen, auch mit uns, ernsthaft auseinandersetzen würden, würden Sie sehen, dass wir, genauso wie die S21-Befürwörter_innen, *alle* Seiten der Gesellschaft widerspiegeln. Wir sind Physiotherapeuten, Sozialpädagogen, Sanitäter, Krankenschwester, Angestellter beim Staatstheater, Sekretär_innen, Geschäftsmänner und -frauen, Rentner_innen… und ja, manche suchen gerade Arbeit oder sind noch Student_innen. Wir teilen alle unsere Freizeit so ein, wie wir sie haben und setzen uns für etwas ein…und zwar für eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Alternative zu Stuttgart 21.

  6. Hallo Regionalgruppe, so grenzwertig fand ich das nun nicht. Wenn man sich die Mehrzahl der Demonstranten anschaut, höre ich sehr viel Geschrei, Trillerpfeifen etc. Protest kann auch durchaus „leise“ ausgetragen werden, um Gehör zu finden. Und ja, ich habe mich sehr wohl und schon oft mit den „S21 Gegnern“ auseinandergesetzt. Teilweise war es recht konstruktiv, oft aber wurde ich attakiert und manchmal auch beschimpft (Zivilbulle etc.) nur weil ich offen eben anderer Meinung bin. Das teilweise sogar unter den Augen (kopfschüttelnder) Polizisten. Sicherlich sind viele normale und vernünftige Bürger unter den K21 Befürwortern, das will ich nicht bestreiten. Aber herausstechen tun nun mal bei den Demos immer die „Schreihälse“ und die können auch einen vernünftigen Protest ins Gegenteil verkehren und lassen bei der Mehrzahl der Bevölkerung den Eindruck entstehen, das hier nur „einige wenige Krawallmacher“ am Werk sind. Friedlich geht anders, glaubt es mir. Ich weiss wovon ich spreche, ich war bei den „echten“ Montagsdemos dabei. Und da haben die Menschen schlussendlich FRIEDLICH und RUHIG überzeugt. Nicht mit Sitzblockaden und Trillerpfeifen. Tut mir leid, aber damit werdet ihr keinen Baum retten, so wie kein Streckenblockierer einen Castor aufhält. Es verzögert nur und am Ende wird es für alle Steuerzahler teuer. Auch wenn man das RECHT auf seiner Seite wähnt, sind die Spielregeln der Demokratie vorgegeben. Und alles protestieren nützt nichts wenn die Mehrheit es nicht will, nicht mal die Mehrheit der Regierung die wir alle erst neu gewählt haben. So, bin mal gespannt ob ihr das auch beantwortet. VG – TOM

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