
Das BfS hatte zunächst mit zweierlei Argumenten darauf reagiert: zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung im Jahre 2003 hätten keine Informationen über die A380 vorgelegen, sodass diese auch nicht in die Prüfung hätten einbezogen werden können. Dennoch hätte das BfS aber ausreichend konservativ Schadensfälle eingeplant, so dass ohne konkrete Betrachtung des A380 ausreichend Sicherheit bestünde. Daher sei die Klage abzuweisen, so das BfS, vertreten durch Rechtsanwalt Gassner.
Allerdings zeigte sich vor Gericht: Es gibt bis heute keine umfassende Studie über die Auswirkungen eines gezielten Absturz der Airbus 380, sondern offenbar lediglich eine abschätzende Studie, in der einige Grunddaten eingeflossen sind. Mit diesen eingeschränkten Daten ist dann auch nur für zwei, offenbar norddeutsche Atommüll-Zwischenlager durchgespielt worden, was ein Absturz für Folgen für die Bevölkerung haben könnte.
Das BfS räumt also ein, dass eine konkrete Studie für das Atommüll-Zwischenlager Brunsbüttel nicht existiert. Lediglich mit der generischen Übertragung wäre die Sicherheit von Brunsbüttel berücksichtigt.
Weitere gravierende Probleme in Sachen Flugzeugabsturz resultieren aus den Annahmen, die das BFS für die Schadensermittlung und Ausbreitung der Radioaktivität trifft . Entscheidend ist dabei die Kraft, mit der die Maschine einschlägt, wie viel Kerosin dabei in das Zwischenlager eindringt, wie es sich verteilt. Hinzu kommt, welche Schäden am Gebäude eintreten und wie sich dies alles in der Summe auf die Castorbehälter und ihrer Dichtigkeit auswirkt. Das BfS behauptet, ausreichend konservativ vorgegangen zu sein. Das aber bezweifelt die durch Rechtsanwalt Wollentheit vertretene Klägerin an mehreren Punkten.
Als Beispiel ist die Frage zu nennen, wie viel Kerosin denn in das Lager eindringt. Das BfS unterstellt hier aus Sicht der Kläger eine viel zu kleine Menge und begründet diese geringe Menge nicht einmal. Die Menge aber ist entscheidend, denn sowohl die Explosionsdruckwelle und vor allem auch die Zeitdauer eines Brandes hängen davon ab. So droht Behälterversagen und damit Radioaktivitätsfreisetzung bei einer Feuerdauer von einer halben Stunde bei einer Temperatur von 800 Grad. Je mehr Kerosin im Spiel ist, desto länger kann das Feuer dauern und desto wahrscheinlicher wird die Freisetzung von Radioaktivität.
Sicherheit als Geheimsache
Das Gericht wie auch die Kläger stehen dabei vor einem nicht zu lösenden Problem: Denn eine große Zahl von Gutachten und Stellungnahmen sind als geheim eingestuft und liegen weder der Klägerseite noch den Richtern des Oberverwaltungsgerichts vor. Der Vorsitzende Richter sprach dabei von einem „Dilemma“. Zwar sei die Einstufung bestimmter Maßnahmen zum Terrorschutz als Geheimsache aus „naheliegenden Gründen“ einsichtig, werfe aber hinsichtlich einer Prüfung durch das Gericht vor allem mit Blick auf den Schutz Dritter erhebliche Probleme auf. Das sei ein „dünner Grad“, auf dem das Gericht zu gehen habe.
Immer häufiger werden Sicherheitsfragen unter dem Etikett des Anti-Terrorschutzes unter Geheimhaltung gesteckt. Das ist nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern wie sich an diesem Prozess zeigt, auch für die Gerichte ein großes Problem. Denn immerhin werden diese Sicherheitsangelegenheiten von denen unter Geheimhaltung gestellt, die seit Jahrzehnten die Sicherheit der Atomanlagen beurteilen und damit vor allem eins gemacht haben: Den Betrieb der Anlagen selbst bei erheblichen Mängeln sicherzustellen.
Die Verhandlung vor dem OVG Schleswig wird heute fortgesetzt.